Herausforderungen beim Obstanbau
In diesem Frühjahr gibt es beim Obstanbau vielfältige Herausforderungen. Kreisfachberater Markus Breier vom Landratsamt Traunstein berichtet von vermehrten Anfragen zu Schäden – auch wegen des stark schwankenden Frühlingswetters.
Der frühe Vegetationsbeginn 2024 und das stark wechselhafte Frühlingswetter haben deutliche Auswirkungen auf Äpfel, Birnen, Zwetschgen und allen anderen Obstarten in den Gärten und Obstangern. Nachfolgend sind die häufigsten Probleme und deren Abwehr zusammengefasst.
Für weitere Details und Fragen rund um Obst und alles Grün im Garten steht Kreisfachberater Markus Breier zur Verfügung per E-Mail markus.breier@traunstein.bayern oder Telefon 0861-58 385
Wetter
Die Monate Februar und März waren im langjährigen Vergleich viel zu warm, sodass allerorts die Pflanzen ausgesprochen zeitig austrieben – alles so früh, wie noch nie. Schon Ende Februar standen mancherorts die Aprikosen in Blüte, Ende März folgten Kirschen und Zwetschgen, Anfang April die Birnen und Mitte April die Äpfel – bevor das warme Wetter ein jähes Ende nahm und vierzehn Tage nass-kaltes Wetter mit stellenweisen Nachtfrösten zuschlug. Viele Birnen und Äpfel wurden in voller Blüte „erwischt“. Dennoch hielt der meist wolkenbedeckte Himmel noch schlimmere Fröste ab.
Frostschäden
Deutlich sichtbare Schäden haben vor allem Wein, Walnuss, auch Feigen, Kaki und Indianerbananen genommen. Triebspitzen oder Blätter sind braun und vertrocknet. Sie alle vertragen Spätfröste ausgesprochen schlecht.
Der Fruchtbehang dürfte geringer ausfallen oder ganz ausbleiben – je nach lokalem Standort. Bei Birnen und Äpfeln sind die Schäden am größten, wenn die Bäume in Vollblüte standen. Offene Blüten sind sehr empfindlich und vertragen nur um die 0°C. Stellenweise sind Birnen mit Totalausfall betroffen. Verschont blieben Sorten, die erst nach der
Kältephase geblüht haben. Wenn der leichte Frost die schon kleinen Früchte gestreift hat, können sogenannte Frostzungen auftreten: Vernarbungen aus Kork, die sich im Laufe der Entwicklung auf den Früchten zeigen. Dies ist nur ein optischer Mangel.
Blattläuse
Durch das anschließend warme Wetter sind einige Obstbäume heuer besonders voll mit Läusen. Viele Jungbäume, (zu) gut mit Stickstoff versorgte und nach starkem Schnitt „triebige“ Bäume sind am anfälligsten. Sofern mit den Fingern (bei Jungbäumen) den Läusen nicht Abhilfe geschaffen werden kann, hilft ein harter Wasserstrahl. Darüber hinaus hilft auch frisch angesetzte Brennesselbrühe (1 Tag ziehen lassen) mehrfach im Abstand einiger Tage, bis die Läuse weg sind. Eine Bekämpfung ist nur bei jungen Bäumen sinnvoll, um ein Verdrehen der für den Kronenaufbau wichtigen Zweige zu verhindern. Meist übernehmen aber unsere Nützlinge die Beseitigung. Beste Vorbeugung ist das Aufhängen von Vogel-Nistkästen für Meisen. Bitte beachten: Nur mit einer gewissen „Schädlingstoleranz“ unsererseits ist eine Lebensgrundlage für Marienkäfer, Florfliegen und andere Nützlinge da. Deshalb braucht ein gesunder Garten auch Läuse im Netzwerk der Natur!
Apfelfaltenlaus
Verdrehen sich die Blätter vom Apfelbaum mit roten Blasen, sitzt die Apfelfaltenlaus darunter. Besonders junge Bäume neuerer Sorten scheinen anfällig und sollten von den Läusen befreit werden, denn sie saugen auch an den Früchten und behindern deren gute Entwicklung. Zum Glück tritt die Apfelfaltenlaus im Landkreis eher punktuell auf. Ältere Bäume scheinen toleranter.
Spitzendürre
Bei Stein- und Kernobst sind in einigen Bäumen abgestorbene Triebspitzen, Blütenbüschel oder ganze Zweige erkennbar. Dies liegt in den allermeisten Fällen an der nass-kalten Witterung um die Blütezeit, nennt sich Spitzendürre und ist eine Infektion von Pilzen (Monilia) und/oder Bakterien (Pseudomonas). Einzig sinnvolle Maßnahme im Hausgarten ist das großzügige Ausschneiden. Bei großen Obstbäumen ist dies freilich schwierig bis unmöglich. Vorbeugen ließe sich ein bisschen durch eine locker geschnittene Krone, die rasch abtrocknen kann. Das Schnittgut kann kompostiert oder gehäckselt werden.
Feuerbrand
Bei feucht-warmer Witterung können Feuerbrand-Bakterien unsere Äpfel, Birnen und Quitten infizieren – niemals das Steinobst! Die Infektion lässt Triebspitzen krümmen und Blütenbüschel verwelken. Bald werden sie braun und sterben ab, die Symptome ziehen sich weiter ins gesunde Gewebe. Am gerade noch grünen Bereich können in den Morgenstunden orangefarbene Tropfen von Bakterienschleim austreten. Es gilt für Feuerbrand dasselbe wie für Spitzendürre: großzügiges Ausschneiden bis ins gesunde Gewebe. Die Feuerbrand-Bakterien sind überall vorhanden, treten aber nur alle paar Jahre bei unseren Obstgehölzen in Erscheinung, wenn wirklich warm-feuchte Witterung zur Blütezeit herrscht. Bitte nicht die Bäume roden, selbst Birnen und Quitten schaffen eine Abschottung zum gesunden Gewebe. Wir unterstützen mit großzügigem Ausschneiden befallener Stellen. Das Schnittgut sollte zügig entsorgt werden, zum Beispiel am Wertstoffhof.
Triebwespe bei Apfel und Birne
Ähnlich Symptome wie Feuerbrand kann die Triebwespe bei Apfel und Birne hervorrufen: haken-artig gebogene Triebspitzen, aber mit einem scharfen Übergang zum gesunden Gewebe und mit ringsum kleine Einstiche, die bald bräunlich sichtbar werden. Diese spezielle Pflanzenwespe hat pro Trieb ein Eier abgelegt und durch die innen saugende Larve vertrocknet die Spitze. Bitte die befallenen Triebe herausschneiden, besonders junge Bäumen danken es.
Birnenpockenmilbe
Die Besitzer von Wandbirnbäumen klagen heuer besonders häufig über kleine Flecken auf den Blättern. Sind die Flecken erst blasig grün, bald orange, dann braun und häufig in zwei Reihen parallel auf dem Blatt angereiht, handelt es sich um die Birnenpockenmilbe. Für unser Auge sind die winzigen Milben unsichtbar und in den Blättern auch hervorragend geschützt. Die Milben lieben trocken-warme Standorte und treten deshalb immer häufiger an unseren Wandbirnen auf – besonders nach den warmen Sommern der letzten Jahre. Bei nur wenigen befallenen Blättern oder Zweigen bitte sofort alle befallenen Blätter entfernen und im Kompost oder der Biotonne entsorgen. Geht das nicht, dann jetzt schon im Kalender vormerken: beim Knospenschwellen (wenn sich die Blatt- und Blütenknospen im Februar, spätestens März zu strecken beginnen und man das gerade so erkennen kann) mit einem ölhaltigen Austriebsspritzmittel die Birne tropfnass dreimal im Abstand von 7 Tagen einsprühen. Durch den Wirkstoff Rapsöl werden mit diesen Bio-Mitteln die frei wandernden Milben sehr wirksam erfasst und erstickt. Der Ölfilm baut sich biologisch ab und beeinträchtigt die Birne nicht weiter. – Für den Erfolg entscheidend ist der richtige Zeitpunkt, damit die Milben nicht mehr in den Winterknospen geschützt sind und sich noch nicht in den entwickelnden Blättern versteckt haben. Gegebenenfalls im Folgejahr wiederholen.
Kräuselkrankheit bei Pfirsich und Nektarine
Der Anbau von Pfirsichen ist bei uns traditionell und auch zukünftig nur an der Hauswand empfohlen. Nicht wegen der Wärme, sondern wegen des trockenen Standortes mit Regenschutz durch die regionaltypische Bauweise (Dachüberstand!). Nur mit trockenen Blättern bleiben die allermeisten Pfirsiche und Nektarinen verschont von der Kräuselkrankheit, bei der sich die Blätter blasig aufwerfen, gelb und orange färben und vorzeitig abfallen. Das zehrt den Obstbaum aus. Alternativ können Pfirsiche und Nektarinen auch unter Carports, überdachten Pergolen oder unter Garagendächer gezogen werden. Von oben trocken soll es sein. Aprikosen werden nur extrem selten befallen.
Schrotschusskrankheit verursacht löchrige Blätter
Schauen die Blätter von Kirschen, Zwetschgen und Aprikosen löchrig aus – wie von Schrot durchschossen – , handelt es sich um die Schrotschusskrankheit. Vorbeugend hilft entweder ein Regenschutz (Aprikosen an der regengeschützten Hauswand), ein luftiger Standort zum raschen Abtrocknen (Kirschen) oder die Wahl toleranter Sorten (Zwetschge). Am schlimmsten sind Kirschen betroffen, vor allem junge und wüchsige Bäume. Alte, nicht geschnittene Süßkirschbäume, die zudem an windig-luftigen Standorten stehen, haben weniger Probleme. – Sonst heißt es derzeit auf Süßkirschen zu verzichten! Zwetschgen haben eine hohe Toleranz und meist wenige Löcher, das halten die Bäume aus. Aprikosen sollten in der ganzen Region grundsätzlich regengeschützt gepflanzt werden, auch wegen der Platzgefahr der heranreifenden Früchte.