Der Traunsteiner Saatguttag war wieder ein voller Erfolg
Dieses Fazit zogen die Veranstalter: der Kreisverband Traunstein für Gartenkultur und Landespflege, die Kreisfachberatung des Landratsamts und der örtliche Gartenbauverein. Das Tagesmotto „Kletterkünstler und Obst-Edelreiser“ zog rund 750 Besucherinnen und Besucher aus der Umgebung bis vereinzelt nach Österreich und aus der Mitte Oberbayerns an. Sie lauschten Vorträgen, tauschten Saatgut, bekamen Informationen aus erster Hand oder erwarben neue Vielfalt für den heimischen Garten oder Balkon.
Die Kreisvorstandschaft um Vorsitzenden Florian Seestaller informierte über die Aktivitäten des Kreisverbandes und der Gartenbauvereine. „Auch 2025 stehen die Naturgarten-Auszeichnung, das bayernweite Vielfaltsmacher-Programm des Landesverbandes und viele beliebte Veranstaltungen mit der Kreisfachberatung wieder auf dem Programm“, informierte Seestaller. Als nächstes der bekannte und geschätzte Gartentag am 19. Februar in Palling.
Beim Saatguttag waren die Vorträge wieder beliebter Anziehungspunkt und der Raum meist bis auf den letzten Platz belegt. Christine Nimmerfall aus Fridolfing stellte den Anbau der verschiedenen Stangen-, Reiser- und Buschbohnen vor. Eva-Maria Herb aus dem Allgäu spannte den Bogen über allerlei Kletterndes im Gemüsebereich von Gurken, Melonen, Bohnen bis hin zu Klettertomaten. Annette Holländer aus der Holledau zeigte im Vortrag über Mischkultur auf, wie eine möglichst große und vielfältige Ernte auf wenig Platz möglich sei – sogar in Balkonkästen! Und ihr zweiter Vortrag fasste mit wärmeliebendem Gemüse die beliebten Klassiker wie Tomaten, Paprika und Co auf. Mit einem weltumspannenden Blick auf und mit Bohnen referierte Andrea Bertele von der Bohnengruppe am Ökologischen Bildungszentrum München.
„Bohnen sind nicht nur länglich weiß, die Vielfalt ist viel größer“, zeigte Bertele mit ihrem Team der Bohnengruppe im großen Saal in ihren Bohnen-Schaukästen. Rund 150 Sorten pflegen sie und ihre Mitstreiter, gaben Bohnen ab und freuten sich über neue Sortenspenden. Hinter Namen wie Wachtelei, Kaiser Friedrich, Schwarze Witwe, Porzellanschecke oder Samerberger Fleisch stecken wunderschöne gesprenkelte, blaue, schwarze-gepunktete, mehrfarbig oder hellbraune Bohnen. Sie schauen nicht nur gut aus, sie schmecken auch! Und das verschieden. Manche sind im grünen Zustand als Filetbohnen geeignet, andere müssen ausreifen zu lagerfähigen Trockenbohnen. Der Sortenerhalt macht gewisse Arbeit, denn Bohnen sind nur wenige Jahre lang keimfähig, müssen also spätestens nach 3 Jahren wieder angebaut werden. Damit sich die Sorten nicht verkreuzen, müssen sie auf viele Meter Abstand gepflanzt werden. „Besonders anfällig für Verkreuzung der Sorten ist die Feuerbohne, auch Käferbohne genannt. Da darf im weiten Umkreis nur eine Sorte stehen“, gab Andrea Bertele als Hinwes mit. Deshalb findet der Sortenerhalt auf viele Mitstreiter verteilt an unterschiedlichen Standorten statt.
Die Besucher konnten wie auf einer kleinen Messe von Stand zu Stand schlendern oder an der langen „Tafel des guten Geschmacks“ inmitten des Saals pausieren und genießen. Der Gartenbauverein Vachendorf sorgte wieder bestens für die kulinarische Versorgung. Neben Kaffee und allerhand hausgemachten Kuchen gab es passend zum Tagesmotto Chili sin carne.
Erstmals dabei war Georg Hans aus dem Isental mit heimischem, zertifiziertem Wiesenblumensaatgut und vielen Infos zu Insekten und Vögeln. Auch Slow Food Chiemgau war nach mehrjähriger Pause wieder vor Ort und informierte über achtsamen Umgang mit Lebensmitteln, über regionale Anbieter und lokale Gastronomie. Kartoffeln aus eigenem Anbau hatte Hans Posch aus Mögstetten dabei und berichtete von den Schwierigkeiten des nassen Anbaujahres 2024, das die Größe und Qualität beeinflusse, aber so sei die Natur eben. Die heimische Imkerei mit ihren vielfältigen Produkten war durch Franz Vollmaier und Kollegen bestens vertreten. Und mit Schafwollpellets bot Familie Waritschlager aus Obing regionalen, biologischen Dünger an, der nicht nur kräftig zehrende Gemüsepflanzen, sondern auch Balkonblumen oder Kübelpflanzen gedeihen lässt.
Im Mittelpunkt der Besucher stand aber das Angebot an Sämereien und teils Fachbüchern von Annette Holländer aus Erhaltungsnachzucht, der Biogärtnerei Herb mit über 700 Tomatensorten und einigen Kräuterpflanzen sowie dem österreichischen Saatgutanbieter Reinsaat, der samenfeste Sorten nicht nur erhält, sondern auch neue entwickelt und für Bio-Betriebe wie auch privat anbietet.
Mindestens genauso begehrt war der Tausch von selbst geerntetem Saatgut bei Gemüse und Blumen. Der Tauschbereich war immer gut besetzt und umringt von Interessierten. Dazu gab es die Saatgutkiste des Kreisverbandes. „Man braucht nicht immer neu kaufen, sondern kann selber Samen ernten und wieder anbauen. Was zu viel ist, gibt man an andere ab“, fasste Sepp Gilhuber vom Kreisverband zusammen. Er selbst sammelt regelmäßig aus seinem großen Garten Nähe Wasserburg und tauscht Spezialitäten und Raritäten mit anderen Gartenliebhabern – und hat auch manches in die Kiste gespendet. Die Saatgutkiste des Kreisverbandes wandert seit letztem Jahr durch die Gartenbauvereine im Landkreis bei deren Veranstaltungen, Versammlungen oder Pflanzerltausch.
Erstmals angeboten war heuer das Thema Obst-Edelreiser in einem Pavillon vor dem Vereinsheim. „Damit es den Edelreisern nicht zu warm wird, denn sie müssen bis zum Veredeln im März oder April noch gut kalt lagern“, erklärte Kreisfachberater Markus Breier. Gemeinsam mit Alois Wimmer aus Erlstätt gaben die Obstspezialisten allerhand Tipps rund um Obstsortenvielfalt, zum Veredeln, dem Erhalt alter Sorten oder hatten Infos zu neuesten Sorten für die Sammler parat. Doch nicht nur Infos, auch echte Edelreiser gab es vor Ort zum Tausch oder Erwerb: wertgeschätzte Sorten wie Jakob Fischer oder Zabergäurenette, regionale Sorten wie Waginger Kalvill oder Schwarzreiter, und seltene Sorten wie verschiedene Quitten-Raritäten oder rotfleischige Apfelsorten.
Fachgespräche kamen beim Saatguttag nicht zu kurz und viele Tipps wechselten mit Sämereien oder Edelreisern die Besitzer. Erst am Nachmittag ließ der rege Besucherzustrom etwas nach. „Es gab wirklich genügend Saatgut und Obst-Edelreiser bis zum Schluss der Veranstaltung“, versicherte Kreisfachberater Markus Breier. Sein Tipp: Wer nicht bestimmten Vorträgen lauschen will, kann beruhigt erst auf Nachmittag kommen. Der nächste Traunsteiner Saatguttag wird 2026 bereits Ende Januar ins Auge gefasst.